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Mittelalterliches Wien
Erst 1156 verlegte der Babenberger Heinrich II Jasomirgott seine Residenz nach Wien und erhob die bis dahin kaum beachtete Siedlung an der Grenze des Heiligen Römischen Reichs zur Hauptstadt des neu geschaffenen österreichischen Herzogtums. Unter den Babenbergern wuchs die Stadt kontinuierlich und erstreckte sich während der Regentschaft Leopolds VI. auf den gesamten ersten Bezirk. Aus der Zeit um 1200 stammen auch die mittelalterlichen Stadtmauern, die die innere Stadt bis ins 19. Jahrhundert umfassen sollten.
Die Babenberger gründeten nicht nur zahlreiche Klöster wie das noch heute bestehende Schottenstift (1155), sondern erwiesen sich auch als großzügige Förderer der Stadt und Gönner mittelalterlicher Literatur. Die berühmten Minnesänger Walther von der Vogelweide und Neidhart von Reuental verkehrten an ihrem Hof. Neidharts Texte handeln allerdings nicht von der höfischen Minne, sondern erzählen von dreisten Bauernmädchen und derb-fröhlichen Volksfesten (siehe die Neidhartfresken in Tuchlauben 19). Nach dem Tod Friedrichs des Streitbaren, des letzten Babenbergers, im Jahr 1246 wird der böhmische König Ottokar II Herr über die österreichischen Länder, 1278 fallen sie an Rudolf von Habsburg. Am Anfang erheben sich die Bürger gegen die Habsburger, die nicht bereit sind, die Privilegien, die Ottokar der Stadt gewährt hatte, zu erneuern.
Der wichtigste Habsburger der frühen Zeit ist Rudolf IV, der „Stifter“; er legte den Grundstein zum Südturm des Stephansdoms, gründete die Wiener Universität (1365), reformierte die Stadtverwaltung und das Steuerwesen und erließ eine neue Gewerbe- und Zunftordnung. Unter seiner Regierung wurde Wien zu einer der bedeutendsten Städte im deutschen Sprachraum.
Das 15. Jahrhundert ist dagegen eine Zeit des Niedergangs: die Hussitenkriege, Wirtschaftskrisen, vor allem der Verfall des Weinhandels, Pestepidemien, das furchtbare Judenpogrom von 1420-21 sowie Thronstreitigkeiten zwischen verfeindeten Mitgliedern der Herzogsfamilie, die zum Bürgerkrieg der Jahre 1462-63 und der grausamen Hinrichtung des Bürgermeisters Wolfgang Holzer führen, erschüttern die Stadt tief. Erst gegen Ende der Regierungszeit Friedrichs III, dem es beschieden war, alle seine Gegner zu überleben, gelang die Wiedervereinigung der habsburgischen Länder und in Wien kehrten wieder Stabilität und Prosperität ein. Aus Italien kommend verbreiteten sich jetzt neue Gedanken in Europa (Humanismus und Renaissance). Sie sollten das alte, religiös fundierte Gebäude der mittelalterlichen Weltordnung in Frage stellen
Rundgang
Wir beginnen den Rundgang an der bezaubernden romanischen Ruprechtskirche, Wiens ältester Kirche, deren Grundmauern auf frühmittelalterliche Zeit zurückgehen. Über den Schwedenplatz, der den Donaubooten als kleiner Handelshafen diente, kommen wir in die stimmungsvolle Griechengasse, die ihren mittelalterlichen Charakter bis heute bewahren konnte. Nicht weit entfernt liegt der Heiligenkreuzerhof, ein auch in der Reisezeit selten besuchter Gebäudekomplex im Besitz des Zisterzienserstifts Heiligenkreuz. Der Klosterhof mündet in eine der ältesten Gassen Wiens, die Schönlaterngasse. Die reizvollen Häuser, die auf die Zeit der Babenberger zurückgehen, haben so einiges über seltsame Fabelwesen und mysteriöse Vorkommnisse zu erzählen. Die Bäckergasse führt uns in den ehemaligen Bezirk der deutschen Kaufleute (Lugeck) und weiter auf den sogenannten Hohen Markt, auf dem in mittelalterlicher Zeit die Zunfthäuser und die Schranne, das alte Gerichtsgebäude, stand. Auch das berüchtigte „Narrenköttl“, ein Holzverschlag, in dem Trunkenbolde, Zauberer und Prostituierte zur Schau gestellt wurden, befand sich hier. Ein besonderes Juwel gotischer Kunst ist das nächst gelegene Kirchlein Maria am Gestade. Es hat mit kostbaren Kunstschätzen aus der Spätgotik aufzuwarten. Danach betreten wir das ehemalige mittelalterliche Judenviertel; ungefähr in der Mittel des heutigen Judenplatz wurde die erste Wiener Synagoge errichtet. An diesem Ort müssen wir des verheerenden Pogroms der Jahre 1420-21 gedenken. Nicht weit vom Judenplatz befand sich die Babenbergische Residenz (Am Hof). Der unmittelbar angrenzende alte Marktplatz (Freyung) wird von der mächtigen Ordenskirche der „Schotten“ beherrscht. Die heutige barocke Klosterkirche ersetzt einen mittelalterlichen Vorgängerbau, ist doch das Kloster die älteste Ordensstiftung Wiens. Der Rundgang führt nun in ein altes Bürgerhaus (Tuchlauben 19), in dem jüngst bei Restaurierungsarbeiten einmalige mittelalterliche Profanfresken (Neidhart-Fresken)gefunden wurden. Der Bildzyklus, der einst die Wände eines Tanzsaals schmückte, zeigt, von den Liedern Neidharts von Reuental angeregt, derb-fröhliche Bauernszenen und Darstellungen der Jahreszeiten
Praktische Informationen
TREFFPUNKT: vor dem Portal der Ruprechtskirche (Ruprechtsplatz) 1. Bezirk.
ENDE DER FÜHRUNG: Neidhart Fresken, Tuchlauben 19.
DAUER DES RUNDGANGS: 2,5 Stunden. Wenn gewünscht, kann der Stephansdom inkludiert werden. Der Rundgang dauert dann 1/2 Stunde länger; überdies sind die Eintrittsgebühren in den Dom mit zu berücksichtigen.
EINTRITTSGEBÜHREN: Neidhart Fresken (Tuchlauben 19).
WEITERE BESICHTIGUNGSVORSCHLÄGE:
Das Museum im Schottenstift und das Jüdische Museum am Judenplatz.
EMPFOHLENE LEKTÜRE: Peter Csendes, Ferdinand Opll (Hg.), Wien. Geschichte einer Stadt. Bd.1, Von den Anfängen bis zur ersten Türkenbelagerung (1529), Wien 2000.
Ferdinand Opll, Leben im mittelalterlichen Wien, Wien (Böhlau) 1998.
(© außer der mittelalterlichen Stadtansicht Fotos Reinhard Travnicek)