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Weltstadt der Musik
Es mag wie ein Gemeinplatz klingen, von Wien als Hauptstadt der Musik zu sprechen. Aber keine Kunstform hat hier eine so eminente Rolle gespielt wie die Musik. Die Wiener Musikgeschichte beginnt in der Barockzeit mit der Aufführung früher italienischer Opern. Monteverdi stand in Verbindung mit dem Wiener Hof und dedizierte den Habsburgern bedeutende Werke. Der italienische Geschmack bleibt bis ins späte 18. Jahrhundert bestimmend. 1781, das Jahr, in dem Mozart sich in Wien niederlässt, bedeutet in dieser Hinsicht einen großen Wendepunkt. Mozart, Haydn und Beethoven begründen die sogenannte „Erste Wiener Schule”, die von den großen Komponisten des Biedermeier und der Romantik (Schubert, Brahms, Bruckner und Mahler) fortgeführt wird. Mahlers eruptive, aber auch tief melancholische Musik spiegelt die besondere Atmosphäre des Wiener Fin de Siècle, auf dem schon die Schatten des untergehenden Habsburgerreichs liegen. Auch in der Moderne bleibt Wien Weltmusikstadt. Wesentliche Impulse gehen von der „Zweiten Wiener Schule“ (Schönberg, Berg, Webern) aus.
Besichtigungsweg
Der Rundgang beginnt vor dem berühmten Theater an der Wien, dem ältesten erhaltenen Opernhaus der Stadt, in dem 1805 die Uraufführung des Fidelio stattfand. Auf dem nahegelegenen Karlsplatz gelangen wir zum weltberühmten Musikverein, dem Stammhaus der Wiener Philharmoniker; im Goldenen Saal des Konzerthauses findet das renommierte Neujahrskonzert statt. Kurz darauf treffen wir auf das nächste Hightlight, die Staatsoper, den ersten Prunkbau der in der Zeit Franz Josephs errichteten Ringstaße.. Auf dem nahen Neuen Markt stand einst die sogenannte „Mehlgrube“, ein beliebtes Gasthaus und Tanzlokal, in dem Mozart wiederholt Konzerte gab und vor allem mit seinen Klavierkonzerten brillierte. Nach einem kurzen Spaziergang auf der belebten Kärntnerstraße biegen wir in die ruhige Himmelpfortgasse ein. Neben dem repräsentativen Winterpalais des Prinzen Eugen befindet sich das beliebte Café Frauenhuber, das in der Zeit der Wiener Klassik ein häufig besuchtes Konzertlokal war. Mozart trat hier im März 1791 zum letzten Mal öffentlich auf. Ein paar Schritte weiter, in der Rauhensteingasse stand das Haus, in dem er am 5. Dezember 1791 starb.
Die romantische Ballgasse zeigt noch heute ihre historische Bebauung und vermittelt einen anschaulichen Eindruck der Stadt in der Zeit des ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhunderts. An der Adresse Ballgasse 4 hat Beethoven 1m Jahre 1809 auf der Flucht vor den Kanonaden der Grande Armée eine Zeitlang bei seinem Bruder gelebt. Im Komplex des sogenannten Deutschen Hauses, der Niederlassung des Deutschen Ordens, hatte Mozart sein erstes Wiener Quartier. Das frühneuzeitliche Ensemble vermochte bis heute seine charmanten Renaissance-Höfe und charakteristischen Laubengänge („Pawlatschen“) zu bewahren. Über die Blutgasse gelangen wir zum Figarohauses, der einzigen aus dem 18. Jahrhundert erhaltenen originalen Mozartwohnung. Ein kleiner Durchgang geleitet zum Stephansdom, der an unzählige bedeutende Musikereignisse erinnert.
Nach einer kleinen Kaffeepause mögen wir unseren musikalischen Rundgang fortsetzen. Nach einem Spaziergang über den Graben mit der Pestsäule, die den musikliebenden Kaiser Leopold I. zeigt, kommen wir am Ende des mondänen Kohlmarkt zum sogenannten Großen Michaelerhaus, das mit Joseph Haydn verbunden ist, in dem aber auch der bekannte italienische Dichter und Librettist Pietro Metastasio gelebt hat. Auf dem nahen Michaelerplatz stand das Alte Burgtheater, das allerdings im 19. Jahrhundert nicht mehr Musikaufführungen diente, sondern zur führenden Sprechbühne des Habsburgerreichs avancierte und 1888 abgebrochen wurde. Wir kommen nun ins politische und kulturelle Zentrum der Habsburgermonarchie: in die Hofburg, im Barock Schauplatz großer repräsentativer Opernaufführungen. Teil der Hofburg ist der Josephsplatz. An der Stelle der heutigen Nationalbibliothek stand einst das erste Wiener Opernhaus. Es war ein hölzernes Theatergebäude, das von dem berühmten Theateringenieur und Bühnenbildner Ottavio Burnacini 1659 hier errichtet wurde. In den ehemaligen Redoutensälen der Hofburg fanden einst große Konzerte statt. Vom Josephsplatz führt der Weg über die Augustinerstraße vorbei an eleganten Barockpalais, ehemalige Winterresidenzen des Hochadels, zum Palais der Familie Lobkowitz, die Beethoven freundschaftlich verbunden war. 1804 erklang hier zum ersten Mal seine „Eroica“. Wir beenden den Rundgang am Albertinaplatz nähe der Staatsoper. Das heutige Opernhaus ersetzt das alte Theater am Kärntnertor, das an der Stelle des Hotel Sacher stand.
Praktische Hinweise
TREFFPUNKT: vor dem Theater an der Wien, Linke-Wienzeile 6.
DAUER: 2,5 - 3 Stunden.
ENDE DER FÜHRUNG: Albertinaplatz (heute: Zilkplatz nahe der Staatsoper).
EMPFEHLUNG: Aufgrund der reichen Musiktradition und des schier unübersehbar weiten Gebietes musikalisch interessanter Themen kann der musikalische Rundgang schwerpunktmäßig auf eine zentrale Musikerpersönlichkeit (etwa Mozart, Beethoven, Haydn oder Schubert) oder auf eine Epoche (beispielsweise die „Wiener Klassik“) gelegt werden. Der beschriebene Rundgang versteht sich als Vorschlag.
WEITERE BESICHTIGUNGSMÖGLICHKEITEN:
Empfehlenswert sind die Musikerhäuser und Gedenkstätten, das Mozart Haus Vienna (Figarohaus), das Pasqualatihaus auf der Mölker Bastei (Das Beethovenmuseum im Pasqualatihaus befindet sich im 4. Stock und ist nur über eine Treppe zu Fuß erreichbar; für gehbehinderte Besucher eine große Mühe!). Besonders interessant ist das Beethovenhaus in Heilgenstatt, Probusgasse 6 (19. Bezirk). Abwechslungsreich, und auch für Kinder gut geeignet, ist das Haus der Musik in der Innenstadt.
Sammlung der Alten Musikinstrumente (Hofburg). Lohnend ist auch ein Besuch des Zentralfriedhofs (Musikergräber).
Freilich bietet sich auch ein Besuch der Staatsoper an.
LEKTÜREEMPFEHLUNGEN:
Malte Korff, Wolfgang Amadeus Mozart, Leben, Werk, Wirkung, Berlin (Suhrkamp BasisBiographie) 2005.
Wolfgang Hildesheimer, Mozart, Frankfurt (Suhrkamp) 1977.
Ulrich Konrad, Wolfgang Amadé Mozart, Leben, Musik, Werkbestand, Kassel (Bärenreiter Verlag) 2006.
Konrad Küster, Wolfgang Amadeus Mozart und seine Zeit, Laaber 2002.
Malte Korff, Ludwig van Beethoven. Leben, Werk, Wirkung, Berlin (Suhrkamp BasisBiographie) 2010.
Lewis Lockwood, Beethoven. Seine Musik – Sein Leben, Kassel, Stuttgart, Weimar 2009
David L. Nelson, Wien für den Musik-Liebhaber, Wien (Brandstätter Verlag) 2006.
(© alle Fotos Reinhard Travnicek)